"Das Teamleben in der Nationalmannschaft fehlt aktuell"
Marco Schmidt (22) gehört seit 2019 zur Zimmerer-Nationalmannschaft. Als Geselle arbeitet er im Innungsbetrieb Zimmerei Rehm in Hilpoltstein (ZI Schwabach/Roth/Hilpoltstein). Sein Chef ist Zimmerer-Weltmeister 2015 Simon Rehm. Im Interview verrät Marco Schmidt unter anderem, wie sich das Team in Pandemie-Zeiten fit hält und inwiefern er von der Wettbewerbserfahrung seines Chefs profitiert.
Marco, dein Chef Simon Rehm ist Zimmerer-Weltmeister 2015 und 2. stellv. Teamleiter der Nationalmannschaft. Inwiefern unterstützt er dich?
Marco Schmidt: Man hat definitiv einen Vorteil, wenn man einen Zimmerer-Weltmeister als Chef hat. Nach meiner Ausbildung habe ich mich 2019 über den Zimmerer-Contest qualifiziert. Für die Vorbereitung hat Simon wirklich viele Abende geopfert, um mit mir in der Zimmerei zu trainieren.
Wie lief das ab?
Ich konnte ihn bei schwierigen Dachmodellen immer fragen. Und er hat mir gezeigt, wie man bestimmte Hölzer aufreißt oder ein System findet, um ein verkantetes Dachmodell anzugehen.
Hast du dir für deine Ausbildung bewusst einen Weltmeister-Betrieb ausgesucht?
Nein, ich habe in verschiedenen Zimmereien Praktika gemacht. In meinem heutigen Betrieb hat es mir am meisten Spaß gemacht, weil es sehr abwechslungsreich war und ich mich mit dem Team super verstanden habe.
Warum hast du dich für die Lehre entschieden?
Als ich 14 war, hat ein Zimmerer bei uns zuhause das Dach umgedeckt. Das hat mich beeindruckt. Heute gefällt mir vor allem die Arbeit an der frischen Luft und, dass mein Arbeitsalltag sehr vielfältig ist. Wir haben Bauprojekte vom Carport, über Terrassen bis zum Holzhaus.
Übst du in deinem Betrieb auch für die Zimmerer-Nationalmannschaft? Denn die Wettbewerbe und Trainingslager fallen derzeit aus…
Mir fällt es aktuell nicht so leicht, Motivation fürs Trainieren zu finden, weil unsere Wettbewerbe immer wieder verschoben wurden und dann doch leider ausfallen mussten. Vor dem harten Lockdown im Dezember hatten wir noch ein Training in Biberach, aber nach drei Tagen mussten wir kurzfristig abreisen mit einem halbfertigen Dachmodell. Aber vor kurzem hatten wir ein Online-Training.
Wie hat das geklappt?
Ganz gut. Jeder hat sein Dachmodell zuhause ausgearbeitet und wir haben uns alle paar Stunden in der Videokonferenz getroffen. Wenn wir zwischendrin Fragen hatten, konnten wir unserem Trainer Michael Rieger per WhatsApp schreiben.
Trotzdem fehlt das Mannschaftsleben oder?
Auf jeden Fall! Sonst sind wir alle paar Monate zusammengekommen. Das hat mir geholfen mich selbst besser einzuschätzen: Wie fit sind die anderen? Wie fit bin ich?
Seid ihr eigentlich Konkurrenten in der Nationalmannschaft?
Wir sind mehr ein Team als Konkurrenten. Uns ist bewusst: Wir haben einen tollen Beruf und es ist eine Ehre in der Nationalmannschaft zu sein, natürlich ist auch Ehrgeiz dabei. Aber niemand ist beim Feierabendbier im Trainingslager beleidigt, nur weil der andere zuvor ein tolles Dachmodell hingezaubert hat. Das gilt auch für die Europameisterschaft im Februar 2022. Drei von uns dürfen mitfahren – möge der Bessere gewinnen!
Auf jeden Fall! Was nimmst du noch aus deiner bisherigen Zeit im Team mit?
Im Bereich Schiftung habe ich viel dazugelernt, das wird mir sicher helfen, wenn ich in ein oder zwei Jahren auf die Meisterschule gehe. Beim Schiften muss ich mich immer noch sehr reinhängen, das Ausarbeiten fällt mir leichter.
Und als Mitglied der Nationalmannschaft hast du auch schon Interviews mit der Lokalzeitung geführt…
Ja, das war auch eine Erfahrung. Klar, man muss seine Wortwahl anpassen, da viele Fachbegriffe nicht für jedermann verständlich sind. Aber insgesamt war das sehr entspannt. Und wenn man eine ganze Zeitungsseite über sich liest, ist man natürlich schon ein wenig stolz.
- Auch Benedikt Pfister gehört zur Zimmerer-Nationalmannschaft und arbeitet als Geselle im Innungsbetrieb Baufritz in Erkheim.
Zum Artikel: "Bayerisches Mitglied in der Zimmerer-Nationalmannschaft"